Was geschah im letzten Jahr?

Perenelle auf dem Dach liegend

Mit diesem Beitrag möchte ich über den aktuellen Stand informieren.

Am 23. Juni 2021 wurden wir von einer Anwohnerin informiert, dass ein Falke leblos auf ihrem Flachdach liegen würde. Wir haben den Vogel dann eingesammelt, es handelte sich um Perenelle. Sie ist dann aber gleich vor Ort verendet.

Da eine offensichtliche Verletzung nicht erkennbar war haben wir uns entschieden, den Kadaver beim Chemisches-Veterinäruntersuchungsamt (CVUA) obduzieren zu lassen. Zunächst ergab der Sektionsbefund eine ausgeprägte Parasitose (Befall mit Würmern) der Lungen und des Darmes. Das Bild im Darm legte den Verdacht eines Ileus (Darmverschluss) nahe, was als Todesursache für ausreichend gewertet wurde. Der Toxikologische Befund erreichte uns einige Wochen später. Es war Carbofuran in geringer Konzentration nachgewiesen worden. Von den Veterinären wurde dies als (alleinige) Todesursache für unwahrscheinlich angesehen worden.

Jungvogel R*ND

Am 8. Juli wurde uns vom Bauträger ein weiterer Kadaverfund am Fuße des Towers gemeldet. Es handeltet sich dabei um einen Jungvogel mit der Ringnummer R*ND. Aufgrund des Zustandes muss dieser Vogel hier schon mehrere Tage gelegen haben. Die Überlebenswahrscheinlichkeit für Gebäudebrüter in der Stadt liegt bei 40%. Das heißt, dass 60% der Jungvögel das erste Lebensjahr nicht überleben. Es ist also nicht unwahrscheinlich, einen solchen Fund zu machen. Wegen des zeitlichen Zusammenhangs zum ersten Fund wurde jedoch auch dieser Vogel im CVUA untersucht. Die Toxikologie ergab wiederum den Nachweis von Carbofuran in niedriger Konzentration.  

Daraufhin wurde das Gebäude am 10. August von Michael Eick und Herbert Kugel systematisch abgesucht. Neben etlichen Kadavern unterschiedlichen Vögel konnten auch zwei “auffällige” Taubenkadaver asserviert werden. Die Untersuchung am CVUA ergab dann im Kropf einer dieser Tauben ein hohe Konzentration von Carbofuran.

Carbofuran ist ein Insektizid, Akarizid (gegen Milben) und Nematizid (gegen Würmer) mit breitem Wirkspektrum. Es gehört zur Gruppe der Carbamate. Die Wirkung beruht auf der Hemmung der Acetylcholin-(AChE) und Butylcholinesterase (BChE). In der EU ist das Mittel seit 2007 nicht mehr zugelassen. In Deutschland war Carbofuran nie ein zugelassener Wirkstoff. Es gab jedoch Ausnahmegenehmigungen z.B. zum Beizen von Saatgut. Der Wirkstoff hat keine sehr lange Halbwertszeit, sodass er in der Natur nicht mehr nachweisbar sein darf. Der Einsatz von Carbofuran stellt also in jedem Fall eine strafbare Handlung dar, zumal es auch für den Menschen sehr giftig und ggf. tödlich ist.

Carbofuran wurde schon mehrfach in Zusammenhang mit der Vergiftung von Beutegreifern, allen voran von Wanderfalken nachgewiesen. Wir glauben nicht, dass es sich hier um einen Zufall handeln und haben deshalb auch Anzeige erstattet. Dazu haben wir uns mit der Arbeitsgemeinschaft Wanderfalkenschutz Baden-Württemberg (AGW-BW) abgestimmt. Es wurde Beschlossen den Vorgang zunächst nicht öffentlich zu machen.

Wichtig bleibt zu sagen: Wir und auch die offiziellen Stellen haben bisher keine Hinweise für die Quelle des Giftes, geschweige denn den Hinweis auf eine verdächtige Person.

 

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